Schweigepflicht!?

Wenn ich mit Leuten über mein Verständnis von Gemeinde rede, dann spreche ich immer von einem Krankenhaus. Inspiriert haben mich die Worte Jesu aus Lk 5, 31f:

Jesus selbst gab ihnen die Antwort: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen; ich bin gekommen, um Sünder zur Umkehr zu rufen.« 

Für mich hat das Bild im Zusammenleben in der Gemeinde ganz praktische Auswirkungen. Das Schöne an dem Bild ist, dass wir in der Gemeinde alle „krank“ sind und alle einen Arzt brauchen (Vgl. Jes 53, 4). Keiner ist besser als der andere und der Einzige, der gesund ist und heilen kann, das ist der Herr Jesus. Auf ihn werfen wir unsere ganze Hoffnung, und gemeinsam machen wir uns auf dem Weg, Heilung zu erfahren. Wer schon mal mit kranken Menschen gearbeitet hat, weiß, dass kranke Menschen nicht immer sehr angenehmen sind. Das ist doch ganz klar, man ist verletzt, hat Schmerzen und hat vlt. auch wenig Geduld. Insofern sollten wir in einer Gemeinde auch nicht immer mit gesunden Reaktionen rechnen. Schnell tut oder sagt man Dinge, die andere nicht hören sollten und sogar verletzten. Deswegen ist mir ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf Gemeinde als Krankenhaus wichtig.

Die Schweigepflicht!

Wie in jedem guten Krankenhaus ist es wichtig, dass Menschen das Gefühl haben, dass ihre Krankheiten nicht weitergegeben werden. Gerade in Gemeinde ist „die Schweigepflicht“ oder besser ein vertrauensvoller Umgang mit „Informationen“ elementar, damit heilende und vertrauensvolle Beziehungen wachsen können. Jeder Bruch führt wiederum zu weitere Verletzungen. Auch wir in der Gemeinde haben immer wieder das Problem, dass Dinge weitererzählt werden, die nicht weitererzählt werden sollten. Mir ist an dieser Stelle eine Sache sehr wichtig. Grundsätzlich sollten wir alles, was wir zu hören bekommen, vertraulich behandeln.

Dahinter liegt das Grundmotiv der Liebe. Denn es kann sein, dass wir Dinge hören, die der andere nachher bereut. Dann wäre es schlimm, wenn diese Dinge die Runde machen, und der andere bloßgestellt wird. Oder vlt. will auch jemand bewusst Informationen streuen und wir machen uns dann zum Teil einer kleinen Propagandamaschinerie. Wie auch immer, es werden Menschen verletzt. Viele schlimme Dinge passieren, wenn wir Dinge weitertragen. Nicht nur die anderen leiden, sondern wir leiden dann auch selbst. Dann werden wir zu vertrauensunwürdigen Personen. Unser Charakter leidet darunter. Gott will uns auch von dem Fluch des Tratsches heilen und befreien. Dafür dürfen wir uns unserer Schwäche stellen, in dem wir sie bekennen und sie seelsorgerisch im Gespräch/Gebet aufarbeiten.

Aus ein und demselben Mund kommen Segen und Fluch. Das, meine Geschwister, darf nicht sein! Jak 3,10

Sicherlich kann es auch mal Informationen geben, die man weitergeben sollte. Doch damit sollten wir sehr vorsichtig sein. Z. B. wenn Gefahr in Verzug ist oder eine Straftat verübt wurde (Staat kümmert sich um Verbrechen, Kirche um Sünde). Doch die allermeisten Informationen, die wir in Gemeinde über und voneinander erfahren, sind persönliche Dinge, die dann auch vertraulich behandelt werden sollten.

Wir sollten aber auch weise sein, was wir anderen erzählen. Aus eigener Erfahrung habe ich das schon erlebt und damit andere in eine persönliche Not gebracht. Das passiert auch oft unbewusst. Dann hat jemand die Information und kann damit nicht umgehen. Die Person hat eine Not und muss das dann weitererzählen, um davon wieder freizukommen. Oder die Person hat die Not und es verändert die Beziehung zueinander. Wir können schnell andere mit unserer Not überfordern, deswegen sollten wir uns auch gut überlegen, ob wir dem anderen nicht vielleicht zu viel zumuten.

Gut, wie können wir es besser machen? Indem wir eine Kultur entwickeln:

  • in der wir Dinge, die wir hören, grundsätzlich vertraulich behandeln.
  • weise damit umgehen, wem wir was und wo erzählen.
  • in der wir unsere Not nicht unbedacht zur Not anderer machen und lieber mit einem Seelsorger, Pastor etc. darüber reden.
  • indem wir anderen in Liebe auch mal ins Wort fallen, falls zu viele Informationen am falschen Platz weitergegeben werden.
  • in der wir daran denken, dass der eine so lange recht hat, bis der andere zu Wort kommt.
  • in der wir Tratsch keinen Raum geben und damit die Tratschkette durchbrechen (Spr 20, 19)
  • in der wir darüber beten, bevor wir Informationen weitergeben und durch die drei Siebe sieben (Ist es wahr? Ist es gut? Ist es notwendig, weiterzuerzählen?). Im Zweifel mit kann man mit einem aus dem Leitungskreis darüber beraten. Der Leitungskreis behandelt alles grundsätzlich vertraulich.
  • in der wir uns unseren Schwächen stellen.
  • in der wir einander vergeben, falls wir uns doch mal verletzt haben.

Vertrauen baut sich nur langsam auf und ist dafür leider zügig weg. Deswegen lasst uns verantwortungsvoll mit unseren Informationen und unseren Worten umgehen. Eine gesunde, christusgemäße und werteorientierte Kommunikationskultur gemeinsam entwickeln. Das wollen wir in der Arbeitsgruppe Kommunikation erarbeiten. Falls Du Interesse an der Gruppe hast, dann kannst Du Dich gerne bei mir melden. Wir wollen bald starten 😉

Lg

Manuel