Dem Kind einen Namen geben Josef entschied sich für das Kind und nahm es wie sein eigenes in seine neue Familie mit Maria auf. Auch wenn er praktisch nicht mit dem Kind verwandt war, wird am Anfang der Weihnachtsgeschichte im Buch Matthäus Josefs Stammbaum durchbuchstabiert (um die Weihnachtsgeschichte im Buch Matthäus geht es im 10. Kapitel dieses Buches). Er stand fest zu dem Kind mit seinem Namen. Auch wir können den christlichen Glauben nicht einfach nur von unseren Eltern oder Großeltern »erben«. Wenn wir wirklich glauben wollen, wenn wir mehr wollen, als nur ein paar nette Traditionen mitzunehmen, müssen auch wir »dem Kind einen Namen geben«. Nur was erwartet uns, wenn wir den Glauben bewusst annehmen? Kennen Sie die Geschichte, in der Jesus mit zwölf Jahren bei einer Pilgerfahrt verloren ging? Nach langem Suchen fanden Josef und Maria das Kind wieder, das einfach am Ende der Pilgerreise in Jerusalem zurückgeblieben war. Die Eltern waren fassungslos, als sie ihn dort fanden. Maria fragte: »›Kind! (…) Wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich waren in schrecklicher Sorge. Wir haben dich überall gesucht.‹ ›Warum habt ihr mich gesucht?‹, fragte er (Jesus). ›Ihr hättet doch wissen müssen, dass ich im Haus meines Vaters bin‹« (Lukas 2,48-49). Über diese Aussage wunderten sich die Eltern noch länger. Josef wurde Vater für das Christuskind, mit allem, was eben dazugehörte. Mit der Freude und dem Stolz, es bereitete ihm auch Sorgen, aber sicher auch ebenso viel Freude und Erfüllung. Durch den Mut, sich der Herausforderung des untergeschobenen Kindes zu stellen, wurde Josef Teil einer viel größeren Geschichte. Es war sein Stammbaum, der dem Christuskind zugeschrieben wird. Der Glaube ist in der Realität anders, als ihn unsere christliche Tradition so oft versinnbildlicht. Die Heilige Familie war schlussendlich fast eine Patchworkfamilie mit allen Herausforderungen, die das Leben eben so bringt. Und sicherlich auch mit vielen offenen Fragen. So ist auch der christliche Glaube nicht nur die rosige, scheinbar immer friedliche, engel-geschmückte Weihnachtszeit. Er lässt sich auch nicht reduzieren auf einen pflichtbewussten Gottesdienstbesuch und besinnliche Kirchenchorkonzerte. Glauben ist sehr real und direkt und unter Umständen auch unkonventionell. Und auch hier ist es normal, wie Josef viele Fragen zu haben und einiges im ersten Moment nicht zu verstehen. Aber auch uns stellt der Glaube in einen neuen Kontext, lässt uns unseren Platz in Gottes größerem Plan finden.
Die Frage, die sich jetzt stellt, ist: Wie gehen Sie mit Ihrem untergeschobenen Christuskind um? Wie wäre es, wenn Sie wie Josef reagieren würden? Sie machen es zu Ihrem und lassen sich neu überraschen, was Ihnen da vielleicht auch Wunderbares zugeschoben wurde?
König, Oskar. 24 x Weihnachten neu erleben (German Edition) (S.23-24). SCM R.Brockhaus. Kindle-Version.